Dass Indexfonds bzw. speziell ETFs die Fondsbranche in den letzten Jahrzehnten revolutioniert haben, ist bekannt. Entscheidend dafür war die Kombination niedriger Gebühren und breiter Diversifikation. Heute sind Indexanlagen fester Bestandteil vieler Portfolios.
Nach Angaben von ETFGI waren Ende März weltweit 15 Bio. US-Dollar in mehr als 12.000 ETFs investiert. Im Durchschnitt sind das mehr als 1 Mrd. US-Dollar pro ETF. Allerdings sind die Assets in der Praxis alles andere als gleich verteilt. Laut VettaFi verwalten allein die größten 10 ETFs in den USA zusammen mehr als 3 Billionen (!) US-Dollar.
Veränderte Landschaft
In der Überblickstudie „Mining for Alpha With Index Funds“ beleuchten Daniel Sotiroff und Jonathan Baikov von Morningstar, wie sich das Universum in den letzten 25 Jahren veränderte. [1] In den späten 1990er Jahren bildeten typische Indexfonds breite, nach Marktkapitalisierung gewichtete Indizes ab, die hunderte von Aktien enthielten. Natürlich gibt es diese Basisprodukte nach wie vor und das darin investierte Vermögen ist massiv gestiegen. Aber von der Anzahl her machen sie heute einen viel kleineren Teil der verfügbaren Palette aus. Denn inzwischen werden immer mehr Nischen bedient, die mit konzentrierteren Portfolios einhergehen, etwa Sektor- und Themen-ETFs. Im Durchschnitt enthalten Indexfonds deshalb heute weniger Einzeltitel. Ende 1998 waren es der Analyse zufolge rund 500 Titel, Ende 2022 weniger als 150.
Aktiver Charakter
Zwar sind die Fonds für sich genommen weiterhin „passiv“ in dem Sinne, dass sie einen Index nachbilden. Aber viele sind aktiv in den Risiken und den erwarteten Renditen, die sie beinhalten. Der Studie zufolge bildet ein typischer ETF bei seiner Auflage heute einen Index ab, der erst seit weniger als vier Monaten existiert. Bei etwa einem Sechstel der Indizes war die Zeitspanne sogar kürzer als 30 Tage. Die meisten Track Records sind also kaum aussagekräftig. Deshalb stützen sich Indexanbieter häufig auf Rückrechnungen. Doch das führt zu neuen Herausforderungen.

Schöngerechnet?
Die im Rahmen von Backtests ermittelte Performance eines typischen Index sieht in der Praxis (fast) immer gut aus. Sonst hätte man den Index wohl schließlich kaum veröffentlicht. Aber in der Regel entsprechen die Rückrechnungen nicht den Renditen, die im Live-Betrieb tatsächlich erwartet werden können. Frühere Studien haben gezeigt, dass die Performance der Indizes in der Regel abnimmt, sobald sie durch Fonds abgebildet und damit investierbar werden. Passend dazu schreiben die Autoren der Morningstar-Studie, dass die Performance eines Index vor Auflage des entsprechenden Produkts oft mehr verspricht, als später tatsächlich geliefert wird, sowohl was die absoluten als auch die risikobereinigten Renditen angeht.
Fazit
Viele Indizes werden erst kurz vor Abbildung durch einen Fonds gestartet.
Hinweis: Eine frühere Version dieses Artikels erschien in Institutional Money.
Quelle:
[1] Sotiroff, D. / Baikov, J. (2023), Mining for Alpha With Index Funds, Morningstar