So mancher Anleger, der nicht voll investiert ist, würde gern einen Crash erleben, um günstig nachkaufen zu können. Doch man sollte vorsichtig sein, was man sich wünscht. Denn kommt es zu einem solchen Crash, gibt es auch entsprechend negative Entwicklungen, die das reduzierte Kursniveau rechtfertigen. Zudem können uns die Buchverluste bestehender Postionen davon abhalten, dann tatsächlich nachzukaufen. Und damit nicht genug. Hohe Kursverluste an der Börse können sich auch negativ auf die Gesundheit auswirken.
Wenn Börse krank macht
Geld ist eine häufige Ursache für Stress. Und zu viel Stress kann krank machen. Da sich Kursschwankungen auf den (gefühlten) Wohlstand auswirken, liegt ein Zusammenhang nahe. Der Studie „Financial Wealth Shocks and Health“ zufolge kann eine permanente Aktivierung von Stresshormonen zu einer Überlastung des Körpers und zu Störungen des Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf- und Immunsystems führen. Der Autor schreibt, dass über ein Jahr kumulierte Kursverluste mit höherem Blutdruck sowie höheren Cholesterinwerten verbunden sind, die unabhängige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf- und andere Erkrankungen sind. [1]
Das Paper „Stock Market Declines and the Psychological Health of Investors“ untersucht dagegen anhand von Daten zu pharmazeutischen, ambulanten und stationären Behandlungen, wie sich Kursrückgänge auf die psychische Gesundheit von Anlegern auswirken. Das Ergebnis: Gibt es Verluste am Aktienmarkt, steigt der Verbrauch an Antidepressiva. Es lässt sich auch ein Zusammenhang mit körperlichen Beschwerden wie Unterleibsschmerzen, Magengeschwüren, Schlaflosigkeit und Herzinfarkt zeigen. Dies sind bekannte Folgen von Depressionen, die nach der akuten Phase langfristige Komplikationen auslösen können. [2]
Der Worst Case
Doch nicht nur Krankheiten, sogar Todesfälle stehen mit Kursverlusten am Aktienmarkt in Zusammenhang. Das geht aus der Studie „Killing in the Stock Market: Evidence From Organ Donations“ hervor. Untersucht wurden Daten von Organspendern in transplantationsfähigen Krankenhäusern im Zeitraum von 1987 bis 2018. Demnach gehen hohe Kursverluste mit Todesfällen am gleichen sowie am folgenden Tag einher. Stressbedingte Todesursachen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und Selbstmorde sind dabei am häufigsten. [3]
Einen anderen Zusammenhang zwischen negativen Aktienmarktrenditen und Todesfällen zeigt das Paper „Stock Market Returns and Fatal Car Accidents“. Hier wurden Daten zu tödlichen Verkehrsunfällen in den USA von 1990 bis 2015 analysiert. Das Ergebnis: Hohe Verluste am Aktienmarkt führten zu einem Anstieg der tödlichen Autounfälle nach Börseneröffnung. [4]
Tragische Ereignisse
Manchmal reicht es aber schon aus, wenn Anleger nur denken, dass sie große Verluste erlitten haben. So nahm sich im Juni 2020 ein junger Trader, der beim US-Broker Robinhood handelte, das Leben. Er glaubte, mit riskanten Optionspositionen 730.000 Dollar verloren zu haben, was aber gar nicht der Fall war. [5]
Insgesamt können die negativen Auswirkungen von Verlusten dazu beitragen, die teils hohe Risikoaversion in schlechten Marktphasen zu erklären. Damit dürfte die Volatilität am Markt neben rein finanziellen Effekten auch emotionale Risiken beinhalten, die eine Prämie erfordern. Letztlich wäre das ein Teil der langfristigen Aktienrisikoprämie. Ökonomische Modelle ohne solche Verhaltenseffekte würden demnach unterschätzen, wie hoch das wahre Risiko von Aktieninvestments ist.
Fazit
Neben finanziellen Verlusten können volatile Börsenkurse gesundheitliche Probleme auslösen oder verstärken und sogar zu Todesfällen führen.
Hinweis: Eine frühere Version dieses Artikels erschien in Smart Investor.
Quellen:
[1] Declan, F. (2021), Financial Wealth Shocks and Health, QMS Research Paper
[2] Liu, C. / Fan, M. (2024), Stock Market Declines and the Psychological Health of Investors, Ball State University
[3] Barnes, S. (2020), Killing in the Stock Market: Evidence From Organ Donations, University of Texas
[4] Giulietti, C. / Tonin, M. / Vlassopoulos, M. (2020), Stock Market Returns and Fatal Car Accidents, Journal of Health Economics
[5] Klebnikov, S. / Gara, A. (2020), 20-Year-Old Robinhood Customer Dies By Suicide After Seeing A $730,000 Negative Balance, Forbes