Das steckt hinter der Kaufkraftparität

Die Kaufkraftparität ist eines der ältesten Konzepte der Ökonomie. Sie ermöglicht es, den fairen Wert verschiedener Währungen zu berechnen. Zumindest theoretisch. In Praxis sieht es anders aus.

 

„Burgernomics“

Einige Dinge haben in allen Währungen, umgerechnet in Dollar, fast genau den gleichen Preis. Ein gutes Beispiel sind Goldbarren. Bei vielen anderen Gütern ist das jedoch nicht der Fall. Das zeigt zum Beispiel der bekannte Big-Mac-Index. Im Januar 2024 kostete der Burger in Japan 450 Yen und in den USA 5,69 Dollar. Das impliziert einen Wechselkurs von 79,1. Tatsächlich lag er aber bei 147,9. Der Yen wäre demnach ganze 46,5 Prozent unterbewertet. [1]

Zwar ist der Index mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Niemand würde sich ernsthaft auf eine Burger-Prognose verlassen. Es verdeutlicht aber die grundlegende Idee, die sich auf ganze Güterkörbe übertragen lässt. Diese beinhalten Stichproben von rund 3000 Konsumgütern und Dienstleistungen, die vom BIP erfasst werden, sowie verschiedene Arten von Ausrüstungsgütern und einige Bauprojekte. Die jeweiligen Kaufkraftparitäten werden von der OECD veröffentlicht.

 

Starke Diskrepanzen

Die Produktivität, das reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und die Arbeitskosten der einzelnen Länder sind sehr unterschiedlich und verändern sich nur langsam. [2] Deshalb gleichen sich die absoluten Unterschiede in der Kaufkraft – anders als die relativen – niemals weltweit völlig an. Hinzu kommt, dass man viele Produkte wie den verderblichen Big Mac nicht arbitrieren kann. Und viele Dienstleistungen wie etwa Haarschnitte sind ortsgebunden. In den Preisen stecken neben den Materialwerten auch lokale Mieten und Services. Außerdem sind nicht alle Güter weltweit nahezu identisch. Transportkosten, Handelsbeschränkungen und unterschiedliche Präferenzen der Kunden spielen ebenfalls eine Rolle.

Der internationale Gütermarkt ist also bei weitem nicht so effizient wie der Kapitalmarkt. Doch obwohl es systematische und temporäre Abweichungen von der Kaufkraftparität gibt, glauben viele Ökonomen, dass sie ein grober Anker für die langfristigen, realen Währungskurse ist. [3] Beispielsweise legte der Euro von 2001 bis 2008 deutlich gegenüber dem US-Dollar zu. Die anfängliche Unterbewertung von 20 Prozent im Vergleich zur Kaufkraftparität drehte dabei in eine ebenso große Überbewertung. Später schlug das Pendel wieder zurück. Im 4. Quartal 2022 lag der Euro rund 30 Prozent unterhalb seiner Kaufkraftparität. [4]

 

Kaufkraftparität Wechselkurs Euro Dollar
Die Grafik zeigt die Entwicklung der Kaufkraftparität für den Euro gegenüber dem US-Dollar. Im Jahr 2023 lag die Parität bei 1,52, der mittlere Kurs aber nur bei 1,08. Damit war der Euro gegenüber dem US-Dollar um ganze 29 Prozent unterbewertet. Für die kurz- und mittelfristige Entwicklung der Währungskurse spielen aber andere Effekte wie Inflation und Zinsdifferenzen die entscheidende Rolle. Quelle: OECD

 

Fazit

Die Kaufkraftparität ist eine grobe, langfristige Benchmark, um mögliche Fehlbewertungen bei Wechselkursen auszumachen.

 

Hinweis: Eine frühere Version dieses Artikels erschien in AnlegerPlus.

 

Quellen:

[1] The Economist; Stand: 25. Januar 2024

[2] Alessandria, G. / Kaboski, J. P. (2004), Violating Purchasing Power Parity, FRB of Philadelphia Working Paper Nr. 04-19

[3] Rogoff, K. (1996), The Purchasing Power Parity Puzzle, Journal of Economic Literature, Vol. 34

[4] Russell Investments, 2022 Global Market Outlook: Q4 Update

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