Spekulation und Manipulation sind zwei Begriffe, die oft verwechselt werden. Spekulation meint mehr oder weniger riskante Geschäfte an den Märkten, während Manipulation betrügerisches, unethisches Verhalten impliziert, was großen wirtschaftlichen Schaden anrichten kann.
Interessant ist dabei, dass sich Manipulation ausgerechnet dadurch am besten vermeiden lässt, indem viele Spekulanten am Markt versammelt werden – dann können einzelne Akteure ihre Manipulationen schwer umsetzen. Doch gilt das auch für Nahrungsmittel, konkret Soft Commodity Futures?
An den Warenterminbörsen werden seit jeher Kontrakte über zukünftige Lieferungen zu vorher vereinbarten Preisen geschlossen. Das ermöglicht es Produzenten, schon beim Eingehen des Futures mit dem künftigen Verkaufspreis zu kalkulieren und sich gegen starke Preisbewegungen abzusichern.
Die Spekulanten treten hier meist als Gegenpartei auf, gleichen Absicherungsdruck aus und ermöglichen eine effizientere Risikoteilung. Es wird dabei angenommen, dass sich die Schwankungen der Preise verringern, weil die Spekulanten tendenziell mehr kaufen, wenn der Preis niedrig ist, und verkaufen, wenn er hoch ist.
Das Momentum-Problem
Allerdings gibt es noch andere, prozyklische Formen von Spekulation: Trendfolge bzw. Momentum. Diese Strategien können destabilisierend wirken, wenn viele Marktteilnehmer kollektiv darauf setzen und dazu führen, dass die Preise kurzfristig überschießen.
Auf längere Sicht sollte das aber nicht der Fall sein, da überzogene Preise wiederum für Produzenten attraktiv sind, um sich (noch) stärker abzusichern. Nur dann, wenn die Gegenseite permanent stärker wäre, könnten dauerhafte Verzerrungen auftreten.
An dieser Stelle kommen Indexprodukte ins Spiel, deren verwaltetes Vermögen deutlich zugenommen hat. Dabei wird das Exposure über Long-Positionen in Futures abgebildet, die regelmäßig in einen Frontmonat gerollt werden.
Der Hedgefonds-Manager Michael Masters vermutete, dass der Kaufdruck der Indexanleger den Verkaufsdruck der Produzenten übertreffen und so zu starken Kursanstiegen und Blasen führen kann. Doch diese These ist mittlerweile widerlegt. Indexanleger beeinflussen die Futures-Preise kaum. Konkret heißt es in einer Studie:
Wir finden keine Belege dafür, dass Positionen von Händlern in Agrar-Futures, die von der CFTC als Indexanleger identifiziert wurden, zur Vorhersage von Renditen in den nächstfälligen Futures beitragen. [2]
Selbst wenn Indexanleger die Futures systematisch beeinflussen würden, wäre zu klären, ob das auch einen dauerhaften Anstieg der Spot-Preise bewirken kann.
Weitere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass Spekulanten nicht kausal für überzogene Preise verantwortlich gemacht werden können. Index- und Swap-Händlern wurde in einigen Untersuchungen zwar eine „Mitschuld“ an höherer Volatilität zugeschrieben. In Wahrheit sind es aber oft Einflussfaktoren wie die OPEC, eine Naturkatastrophe oder zuletzt der Einmarsch von Russland in die Ukraine, die Preisanstiege und Turbulenzen verursachen.
Fazit
Die Vorteile liquider, mit Risikonehmern ausgestatteter Märkte übertreffen die möglichen Nachteile bei weitem. Eine dauerhafte Manipulation durch einzelne Akteure ist praktisch ausgeschlossen und kollektiv gleichgerichtetes Verhalten nur temporär möglich.
Der Grund dafür ist, dass Spekulanten keine homogene Gruppe sind. Tatsächlich halten sie das ganze System am Laufen: Das Risiko wird auf Marktteilnehmer transferiert, die es tragen bzw. managen können, die Märkte werden mit Liquidität versorgt und die effiziente Preisfindung wird unterstützt.
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst ausführlicher in Smart Investor 01/2022.
Quellen:
[1] Spratt, S. (2013), Food Price Volatility and Financial Speculation, Future Agricultures Working Paper
[2] Hamilton, J. D. / Wu, J. C. (2014), Effects of Index-Fund Investing on Commodity Futures Prices, NBER Working Paper 19892
[3] Wimmer, T. et al (2020), The Impact of Speculation on Commodity Prices: A Meta-Granger Analysis, University of Augsburg
Hallo!
Danke, dass Sie Ihr Wissen teilen. Der Artikel ist sehr hilfreich. Ich freue mich darauf, in Zukunft mehr von Ihren Artikeln zu lesen. Alles Gute für Sie!
Mit freundlichen Grüßen,
Hypnose Brocher Köln