Warum Kurse langsam steigen, aber schnell fallen

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Jeder, der sich eine Weile mit der Börse beschäftigt, hat das schon beobachtet: Stück für Stück steigen die Kurse einer Aktie oder eines Index über längere Zeit an. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Dann kommt es plötzlich zu einer Bewegung nach unten, die im Vergleich viel schneller und heftiger ist. In kürzester Zeit werden Kursspannen abverkauft, für die es zuvor Wochen, Monate oder sogar Jahre gebraucht hat.
Dieses Verhalten ist typisch für den Aktienmarkt. Nach oben auf der Treppe, nach unten mit dem Fahrstuhl. Es gibt gute Gründe, warum das so ist. Hier ein Überblick:

● Schlechte Nachrichten verbreiten sich schneller als gute. Es ist also davon auszugehen, dass schlechte Nachrichten, wenn sie erst einmal in Umlauf kommen, auch schneller eingepreist werden. Man könnte sagen: Vertrauen entsteht langsam und verschwindet schnell.

● Anleger, die ihr Geld in Fonds stecken, ziehen es in Verlustphasen mitunter wieder ab. Das zwingt Fondsmanager, Positionen zu ungünstigen Zeitpunkten (nämlich nach Kursverlusten) zu verkaufen, um Anleger auszahlen zu können. Aus dem Verkaufsdruck kann eine weitere Runde an Kursverlusten resultieren, die wiederum Anleger zum Ausstieg motiviert.

● Für neue Aktienkäufe braucht es in Phasen steigender Kurse mehr Cash, um die Positionen erwerben zu können. Um diese Mittel aufzubringen, bedarf es meist einer bestimmten Zeit, etwa für das Sparen vom Gehalt. Weitere Käufe sind für viele Anleger also nur sukzessive im Zeitablauf möglich. Verkäufe dagegen sind sofort umsetzbar, da hierfür kein Cash nötig ist. Es kann also oft nur langsam gekauft, aber stets schnell verkauft werden. Nehmen die Verkäufe überhand, sehen Käufer die Chance, erst bei (deutlich) reduzierten Kursen in den Markt zu kommen, was einem schnellen Kursrutsch gleichkommt.

● Die allermeisten Anleger setzen auf steigende Kurse. Einige von ihnen sichern sich nach unten hin durch Stopps ab, bei deren Erreichen die Aktien automatisch verkauft werden. Liegen viele solcher Stopps an markanten Kursniveaus, kann bei deren Auslösung eine weitere Abwärtswelle entstehen. Einen ähnlichen prozyklischen Mechanismus gibt es bei bestimmten Wertsicherungsstrategien institutioneller Marktteilnehmer.

● Es ist kein Geheimnis, dass die Kurse schneller fallen als steigen. Deshalb sind die Prämien für Put-Optionen höher als für gleichwertige Calls. Beginnt eine neue Abwärtsbewegung, werden die Marktteilnehmer vorsichtiger. Problematisch kann es auch dann sein, wenn zusätzlich die Liquidität abnimmt.

● Hält eine Abwärtsbewegung schon länger an, wird der Geduldsfaden der Anleger dünner. Gibt es dann (weitere) schlechte Nachrichten, die mitunter überinterpretiert werden, steigt die Gefahr für verhaltensbasierte Kurzschlussreaktionen. Manche wollen dann einfach nur um jeden Preis verkaufen.

Möglich ist auch ein Teufelskreis, in dem sich die beschriebenen Faktoren für kurze Zeit gegenseitig verstärken. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Crash. Wenn das passiert, springt die Volatilität auf sehr hohe Niveaus und es liegt in der Regel eine Kaufgelegenheit vor.

 

Fazit

Wer diese Mechanismen kennt, kann sich dagegen wappnen, in turbulenten Phasen selbst in Panik zu verfallen – und stattdessen nach Einstiegsgelegenheiten suchen.

 

Quelle:

[1] Pedersen, L. H. (2015), Efficiently Inefficient, How Smart Money Invests & Market Prices are Determined, Princeton University Press

4 thoughts on “Warum Kurse langsam steigen, aber schnell fallen”

  1. bemerken sollte man jedoch, dass über 90% des börsenhandels nicht von privatanlegern oder fondsmanagern getätigt wird, sondern von computerprogrammen, die vollautomatisiert handeln.
    kostolany sagte immer: „10% sind fakten u zahlen, der rest ist psychologie“
    in wieweit das in zeiten des computerhandels noch gilt bleibt fraglich.

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